“Before Night Falls” – Kritik

BEFORE NIGHT FALLS 1Autor: So Seth

Die Kraft von Bildern, umsponnen von Musik, empfängt und umschließt uns in Julian Schnabels Film binnen Sekunden. Gerade was Ersteres betrifft wird uns dieses Gefühl für die nächsten zwei Stunden nicht mehr verlassen. Danach ist Stille.

Willkommen bei „Before Night Falls“.

Die Reise beginnt auf Kuba im Jahr 1943. Kaum bevor Reinaldo Arenas weiß wer er ist, was er will und welche Geschenke er der Welt zukünftig machen wird, gerät das Leben des Jungen aus der Provinz Oriente in einen Sturm. Jener Sturm der Kuba aus den Klauen Batistas befreit, nur um es in die Fänge Castros zu treiben, flaut auch in den Jahren danach nicht ab. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn Armut und Freiheit, die Natur und das Anderssein erwecken etwas, das für Reinaldo fortan niemals vergehen wird. Dieses Etwas heißt Poesie.

BEFORE NIGHT FALLS 2

Mit zwanzig veröffentlicht er seinen ersten Roman. Mit zwanzig gewinnt er auf Anhieb den nationalen Buchpreis. Doch danach ändert sich schnell vieles und vieles schnell. Denn „…Menschen die Kunst schaffen sind gefährlich für jede Diktatur. Wir suchen nach dem Schönen. Und die Schönheit, die ist der Feind.“ So entflieht Reinaldo der Realität um etwas zu erschaffen, das nicht kontrolliert werden kann. Allein dadurch wird und wirkt er (R)revolutionär.

Seine Homosexualität macht seinen Weg im kommunistischen Kuba der 70er Jahre dabei nicht leichter. Demütigungen und Zensur werden rasch bittere Realität. Trauriger Höhepunkt bildet dabei die zweijährige Inhaftierung im berüchtigten El Morro-Gefängnis. Danach darf er in seiner Heimat nie wieder ein Buch veröffentlichen, – nicht so wie er es möchte. Infolge dessen flüchtet Reinaldo in die USA.

Dass sich jemand der zugleich Maler und Regisseur ist einer solchen Geschichte widmet, mag gleichermaßen stimmig und konfus erscheinen. Ist man kritische Betrachtungen politisch brisanter Themen und Epochen doch eher von markigen (Geschichts)Perfektionisten wie Oliver Stone gewohnt. Doch da in „Before Night Falls“ die großen Zerwürfnisse und Drangsale so dargestellt werden wie sie echte Menschen stets empfanden und empfinden – in privaten, intimen Bereichen – wird das Feingefühl des Malers im Regiestuhl vom ersten Moment an offenkundig.

Die Bilder, das wiederkehrende Thema von Wasser als Medium für Wandel, Freiheit und Kraft, sind auf die Leinwand gebannte Poesie. Darüber hinaus, als untrennbare Facette, begründete Javier Bardems Darstellung zu Recht seinen frühen Ruhm. Eine Oscar-Nominierung und die Auszeichnung durch die Filmfestspiele von Venedig waren die Folge.

Fazit: Das auch im Jahr 2014 die unsäglichen Auswüchse homophober Ströme wieder und wieder durch die Gesellschaften zucken, kann man sich nur zu gut vorstellen wie solcherlei in einer kommunistischen Diktatur ausgesehen haben muss – noch dazu auf einer Insel. Doch Schnabel gelingt mit „Before Night Falls“ viel, viel mehr als nur eine sozialkritische Geschichtsstunde. Er schafft ein Andenken, ein Mahnmal und ein fesselndes Stück Film.

Wertung: 9/10

Regisseur: Julian Schnabel Drehbuch: Cunningham O’Keefe; Lázarro Gómez Carriles; Julian Schnabel Schauspieler: Javier Bardem; Olivier Martinez; Andrea Di Stefano; Johnny Depp; Sean Penn Erscheinungsjahr: 2000 Produktionsland: USA Länge: 128 Minuten

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