“Conjuring – Die Heimsuchung” – Kritik

the-conjuring-poster Autor: Patrick Kunze

Das Horror-Genre ist tot! Dieser Umstand ist nicht nur vielen Kinogängern bewusst, sondern vor allem den Verantwortlichen in Hollywood. Warum sonst bekommt der schreckverliebte Filmeschauer seit Jahren nur ständig neu aufgewärmte Filmreihen serviert, die sich allerhöchstens darin unterscheiden wie brutal und möglichst geschmacklos die Protagonisten um die Ecke gebracht werden. Neuartige Filme die das Genre in den Siebziger und Achtziger Jahren revolutioniert haben, wie zum Beispiel „Der Exorzist“ von William Friedkin und „Halloween – Die Nacht des Grauens“ von John Carpenter, sind der Leinwand schon lange fern geblieben. Das französische Terror-Kino („Martyrs“) bringt für viele wieder frische Luft, schreckt aber eher mit viel Blut und Gedärmen, anstatt die tief sitzenden Ängste der Menschen in ihrem Glauben (oder Nichtglauben) an den Horror zum Vorschein zu bringen. Horror-Spezialist James Wan („Saw“) setzt sich andere Maßstäbe. Er weiß ganz genau wie das Publikum tickt und vor allem auch was mit dem Horror-Genre in den letzten Jahren passiert ist. So präsentiert uns Wan mit „Conjuring – Die Heimsuchung“ einen Horrorfilm der durch und durch altmodisch ist – der gerade deshalb hervorragend funktioniert und so richtig zu erschrecken weiß…

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Für Familie Perron um Vater Roger (Ron Livingston), Mutter Carolyn (Lili Taylor) und die Töchter Cindy (Mackenzie Foy), Christine (Joey King), Nancy (Hayley McFarland), Andrea (Shanley Caswell) und April (Kyla Deaver) soll es ein Neuanfang sein. Um den Kindern mehr Freiheit bieten zu können ziehen alle von Jersey in ein großes Landhaus nach Rhode Island. Doch nach dem Einzug häufen sich merkwürdige Vorkommnisse. So bleiben merkwürdigerweise alle Uhren im Haus um 3:08 Uhr stehen und Carolyn weist nach und nach brutale Blessuren auf. Nachdem eines der Kinder mit vollster Überzeugung einen Dämonen im Haus erblickt haben will beschließen sie die Dämonologen Ed (Patrick Wilson) und Lorraine Warren (Vera Farmiga) nach Hilfe zu fragen. Und tatsächlich: Medium Lorraine erspürt die schwarzen Kräfte die im Haus vor sich gehen schon beim Betreten…

Ein gruseliges Haus, unheimliche Vorgänge und eine katholische Exorzismus-Note sind im Grunde ganz gewöhnliche Zutaten einer altbekannten Horror-Geschichte. Was ist es also, dass den neuesten Film von James Wan so besonders und vor allem viel besser als viele Horror-Filme der letzten Jahre macht? Ganz einfach. Der Regisseur widmet sich nicht nur seinen (sehr effektiven) Schockmomenten (Jump-Scares) mit viel Herzblut, sondern vor allem auch den Charakteren. Erst die besondere Verbindung zu den Perrons bringt den ganzen Horror wirklich zum Vorschein. Wenn die ganze Familie nach und nach immer mehr unter den Vorfällen und Übergriffen leidet, sehnt man sich förmlich Hilfe für sie herbei. Mit dem Erscheinen der Warrens heißt es für den Zuschauer nicht dass die Spannungsschraube nicht weitergedreht wird, ganz im Gegenteil. Auch die Hintergrundgeschichte und die Situation der katholischen Familie spielt eine wichtige Rolle für die Weiterentwicklung des Films. Und obwohl sich der Regisseur in diesem Segment ab und an verrennt (erwähnenswert ist hier der unnötige Zusatzstrang des Falles Annabelle) sind Längen in „Conjuring – Die Heimsuchung“ definitiv eine Seltenheit. Selten wurde effektiver Horror mit Thriller und einer interessanten Geschichte vermischt.

Das Ehepaar Warren waren tatsächlich von der katholischen Kirche anerkannte Dämonologen und Spezialisten für allerlei Fragen zum Thema paranormale Geschehnisse. So musste extra für den Film, ähnlich wie bei „Amityville Horror“ welcher ebenfalls auf einem Fall der Warrens beruht, die Akte über die Geschichte der Perrons freigegeben werden. Diese ständig betonte Bodenhaftigkeit verleiht „Conjuring – Die Heimsuchung“ zwar eine (beängstigende) Formelhaftigkeit, lässt den Film aber zu keinem Zeitpunkt zur Massenware verkommen. Denn James Wan ist sich darüber im Klaren dass der geneigte Horror-Fan schon alles gesehen hat und sich nicht länger durch übertriebene Bluteffekte in „Hostel“-Manier hinter dem Ofen hervorlocken lässt. Stattdessen setzt er auf altbekannte Effekte wie zuknallende Türen und herunterfallende Bilder. Das Besondere daran ist vor allem die Kameraarbeit und der Schnitt die eine jede Szene bis zum absoluten Optimum ausreizen und dem Zuschauer ständig das Gefühl geben, dass jetzt doch endlich was passieren muss. Wenn dann  endlich der Schockmoment kommt ist man zwar erleichtert, doch Zeit zum durchschnaufen gibt einem Wan vor allem ab der zweiten Hälfte kaum. Und auch wenn manche bemängeln dass am Ende mit dem oben angesprochenen Exorzismus gegangen wird, so ist dessen Weiterführung nur konsequent.

Fazit: Nach „Saw“ und „Insidious“ liefert James Wan mit „Conjuring – Die Heimsuchung“ sein Horror-Meisterstück ab. Selten war es in diesem Jahr interessanter, gruseliger und spannender.

Wertung: 8,5/10

Regisseur: James Wan Drehbuch: Chad Hayes; Carey Hayes Schauspieler: Vera Farmiga; Patrick Wilson; Lili Taylor; Ron Livingston; Shanley Caswell Erscheinungsjahr: 2013 Produktionsland: USA Länge: 112 Minuten

5 thoughts on ““Conjuring – Die Heimsuchung” – Kritik

  1. Ja, das Ende hat mich auch ein ganz kleines bisschen aus dem Konzept gebracht, aber in irgendeiner Art und Weise musste das Ganze ja enden. Für mich auch der gruseligste Film des Jahres! Obwohl ich es ja fast schon wieder ein bisschen schade finde, dass sofort wieder Sequels, Prequels und Spin-Offs angekündigt wurden.

    1. Uh, ja. Da bin ich auch mal sehr gespannt. Ich hoffe, er bleibt bei seinem Vorhaben, es wie einen 70er Jahre Rachefilme aussehen zu lassen. Noch mal so eine Heist-Nummer wäre jetzt auch echt zu viel ;)

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