“Der Hobbit: Smaugs Einöde” – Kritik

SmaugsEinödeAutor: Patrick Kunze

„Ich werde den ‘Hobbit’ nicht verfilmen!“ Das waren die großen Worte von Peter Jackson, kurz nachdem er mit „Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs“ satte 11 Oscars, darunter bester Film und beste Regie, abräumte. Er raubte damit jedem einzelnen seiner Fans die Hoffnung irgendwann wieder in ‘Jacksonscher’ Machart nach Mittelerde reisen zu können. Doch nachdem der spanische Regisseur Guillermo del Toro („Pacific Rim“) überraschenderweise das Projekt verließ, stand die Realisierung des „Hobbits“ von Tolkien kurz vor dem Aus. Nach langen Verhandlungen lies sich schlussendlich doch Peter Jackson für die Umsetzung verpflichten und alle Anhänger brachen geradezu in einen Freudentaumel aus. Auch die Nachricht, dass der Neuseeländer den Stoff eines Buches auf ganze drei Filme strecken möchte, lies die Vorfreude nicht kleiner werden. Doch als „Der Hobbit – Eine Unerwartete Reise“ in den Kinos startete machte sich eine leise Ernüchterung breit. Eine langsame Inszenierung, technische Probleme und wenig Mittelerde-Feeling machten den ersten Prequel-Ausflug zu einer, im Vergleich zu der ursprünglichen „Herr der Ringe“-Trilogie, lahmen Nummer. Im zweiten Teil „Der Hobbit – Smaugs Einöde“ soll nun alles besser werden. Doch auch wenn Peter Jackson das Tempo deutlich anzieht und den Zuschauer nun schneller und eindrucksvoller (Smaug!) durch das Abenteuer der zwölf Zwerge und des Hobbits hetzt, stolpert und fällt er doch durch eine wirre Erzählweise der Geschichte, einer fehlenden Tiefe der Charaktere und erneut fragwürdigen Effekten die dem ganzen einen vollkommen herzlosen Touch verleihen.

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Nachdem die Reisegruppe um Zwergenkönig Thorin Eichenschild (Richard Armitage), seinen treuen Anhängern, Gandalf (Ian McKellen) und dem Meisterdieb Bilbo Beutlin (Martin Freeman) die ersten Strapazen auf dem Weg zum einsamen Berg Erebor überwunden haben, verabschiedet sich der Zauberer überraschend und lässt die Zwerge und den Hobbit alleine weiterziehen. Während sich Gandalf an den Necromancer (Benedict Cumberbatch) ranhängt und die Vorgänge in Dol Guldor untersucht, muss die Truppe um Throin ganz andere Gefahren überstehen. Riesenspinnen im Finsterwald die sie angreifen und verspeisen wollen und Waldelben, darunter Legolas (Orlando Bloom), die sie schlussendlich gefangen nehmen. Durch eine geschickte List befreit Bilbo seine Mitreisenden und der einsame Berg rückt näher und näher und mit ihm der brutale und unnachgiebige Drache Smaug (Benedict Cumberbatch), der über die riesigen Haufen an Gold und Edelsteinen, die er einst den Zwergen stahl, wacht.

Lang, lang ist’s her. Am 19. Dezember 2001 startete „Der Herr der Ringe: Die Gefährten“ in den deutschen Kinos – und begeisterte sofort Millionen von Menschen, sowohl Fans des Tolkien-Stoffes als auch Neulinge. Für Fans war deswegen sofort klar: Peter Jackson macht aus dem ca. 320-seitigen Buch erneut eine fantastische Reise nach Mittelerde die eine brutale erzählerische Wucht entfaltet. Doch nach „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ war einem schnell klar dass das erzählerische Tempo und vor allem der Fokus nicht auf flotten Actionszenen liegen wird, sondern im Entdecken der Welt Mittelerde und seinen fabelhaften Wesen. Wie in der literarischen Vorlage dient Bilbo Beutlin dem Zuschauer als Identifikationsfigur. Genau wie der kleine Hobbit, hat der Zuschauer keine Ahnung wohin ihn die Reise verschlägt und was alles auf ihn wartet. Im zweiten Abenteuer „Der Hobbit: Smaugs Einöde“ werden dem Regisseuren nun die erzählerischen Unfeinheiten des ersten Teils zum Verhängnis. Angefangen bei einer quasi nicht existenten Gruppendynamik. War es in der „Herr der Ringe“-Trilogie noch die große Stärke von Peter Jackson eine große Gruppe mit verschiedenen Meinungen und Anfeindungen unter einen Hut zu bekommen, versucht er es in „Smaugs Einöde“ gar nicht erst. Alle Figuren, abgesehen von Thorin und Bilbo, bleiben blass und sowohl die Rückkehr von Orlando Bloom als Legolas als auch die frei erfundene Waldelbin Tauriel (Evangeline Lilly) bringen abgesehen von einigen netten Action-Sequenzen und einer absolut unnötigen Liebesgeschichte, keinerlei Mehrwert für das erzählerische Vorantreiben der Geschichte.

Ähnlich wie in „Die zwei Türme“ und „Die Rückkehr des Königs“ versucht Peter Jackson seine Geschichte auf verschiedenen Erzählebenen aufzuspannen, scheitert in seinem Vorhaben aber auf ganzer Linie, denn vor allem die Geschichte um Gandalf und seine Reise nach Dol Guldor bremsen den Erzählfluss deutlich aus und werfen einen immer wieder zurück in der Denkweise. Auch der Erzählstrang um Legolas und Tauriel (beide kommen im Buch nicht vor; Tauriel ist gar eine reine Erfindung von Co-Autorin Phillipa Boyens) dienen vor allem dem ansehnlichen Aspekt. So ging im Kino ein kleiner Jubel durch die Menge als Legolas das erste Mal die Leinwand betritt. Bei aller Kritik an ihrem Auftreten muss man dennoch deutlich sagen dass die Action-Sequenzen ansehnlich und an vielen Stellen durchaus blutig inszeniert sind, aber zu keinem Zeitpunkt an die Brillanz einer Schlacht wie die um Helms Klamm in „Die zwei Türme“ oder Minas Tirith in „Die Rückkehr des Königs“ heranreicht.

Mit der Entscheidung die „Hobbit“-Trilogie in 3D und HFR zu drehen stieß Peter Jackson an vielen Stellen auf Unverständnis. So erzeugt die von 24 auf 48 Bilder pro Sekunde erhöhte Geschwindigkeit den sogenannten Soap-Opera-Effekt, der dem ganzen Film den Anstrich des künstlichen verpasst (immerhin kann man sich in den meisten Kinos entscheiden welche Version man sehen möchte). Die größte (negative) Überraschung liefert bei „Smaugs Einöde“ aber die Effekt-Schmiede WETA ab. Erwartungsgemäß liegt das Augenmerk auf der Auferstehung des gigantischen Drachen Smaug, der auch jegliche Erwartungen erfüllen kann. Die Gesichtszüge von Ausnahmeschauspieler Benedict Cumberbatch wurden großartig implementiert und das Auftreten des Geschöpfes jagt dem Zuschauer sowohl Angst als auch Ehrfucht und Respekt ein. Was die üblichen Effekte allerdings angeht, so scheint dem Studio das Budget nach dem Drachen ausgegangen zu sein. Clipping-Fehler und deutliche Bildverschiebungen sind keine Seltenheit und spätestens wenn Legolas am Ende über die Brücke von Seestadt in Richtung Erebor reitet ist jedem klar, dass alles im Computer entstanden ist („Star Wars: Episode I“ lässt grüßen).

Fazit: Peter Jackson verändert die Erzählweise nach der Kritik an „Eine unerwartete Reise“ deutlich, fährt mit dieser Entscheidung aber voll gegen die Wand. „Smaugs Einöde“ mag nette Schauwerte und einen denkwürdigen Auftritt des Drachens Smaug haben, lässt die emotional-epochale Wucht der „Herr der Ringe“-Trilogie aber vollständig missen.

Wertung: 4/10

Regisseur: Peter Jackson Drehbuch: Fran Walsh; Philippa Boyens; Peter Jackson; Guillermo del Toro Schauspieler: Ian McKellen; Martin Freeman; Benedict Cumberbatch; Richard Armitage; Orlando Bloom Erscheinungsjahr: 2013 Produktionsland: USA; Neuseeland Länge: 161 Minuten

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