“Spring Breakers”-Kritik

MV5BNDE3MDQzMDA5OF5BMl5BanBnXkFtZTcwMTUxNTgxOQ@@._V1_SX640_SY720_ (Custom)Autor: Patrick Kunze

Es ist einer der größten Phänomene der amerikanischen Studentenkultur – Spring Break. Alljährlich treffen sich Studenten aus den ganzen USA (mittlerweile sogar der ganzen Welt) um in Florida während der Semesterferien so richtig die Sau raus zu lassen. Dieses Spektakel nimmt sich Regisseur Harmony Korine („Trash Humpers“) genauer an und seziert mit „Spring Breakers“ nicht nur die Festivität an sich, sondern gleich die ganze amerikanische Gesellschaft. Mithilfe seiner Darsteller, allen voran James Franco („127 Hours“) als völlig entfesselt aufspielender Gangster Alien, bohrt Korine tief in den Wunden des amerikanischen Traumes. Doch ist „Spring Breakers“ nicht nur eine Satire, sondern vielmehr eine audiovisuelle Erfahrung voll mit knallbunten Farben, krassen Schnitten, einem tollen Soundtrack, überragend aufgelegten Akteuren und einer tollen Regie – ein Kinofest. 

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Eigentlich wollten Brit (Ashley Benson), Candy (Vanessa Hudgens), Cotty (Rachel Korine) und Faith (Selena Gomez) während ihrer Semesterferien nach Florida reisen um während des Spring Breaks alle Sorgen über ihr kleines und vergleichsweise kümmerliches Studentenleben zu vergessen. Doch nach einem Blick auf ihr hart erspartes Geld merken sie schnell das mit ehrlicher Arbeit nicht viel zu machen ist. Ohne Faith einzuweihen, beschließen die drei anderen Mädchen einen Fast-Food-Laden auszurauben um ihren Traum doch noch zu ermöglichen. Der Plan geht auf und die vier fahren zusammen nach Florida und lassen mit Drogen und Alkoholexzessen so richtig die Sau raus – bis sie bei einer Razzia alle verhaftet werden und zwei Tage im Gefängnis verbringen müssen. Als Retter in der Not erweist sich der total verrückt wirkende Macho Alien (James Franco), der die Kaution für die Mädchen stellt und sie bald in das Leben eines richtigen Gangsters einführt. Faith ist das alles nicht geheuer. Sie reist ab und lässt die anderen drei zurück. Brit, Candy und Cotty wiederum genießen den dekadenten Lebensstil ihres Gönners und gehen bald selbst auf Raubzüge. Doch schon bald wird ihnen klar, dass das Leben eines Gangsters nicht nur Spaß und Freude, sondern auch jede Menge Gefahren birgt.

„Spring Breakers“ kann durchaus trügerisch sein. Wer das Filmplakat sieht, könnte beinahe von einer typischen amerikanischen College-Party-Komödie ausgehen. Doch wer mit solchen Erwartungen den Kinosaal betritt, wird schnell eines Besseren belehrt. Harmony Korine, der bereits mit Filmen wie „Gummo“ oder „Trash Humpers“ die Sehgewohnheiten des Zuschauers auf eine harte Probe stellt, geht mit seinem neuesten Film sogar noch mehrere Schritte weiter. Bereits von Anfang an werden Szenen von bestechender Einfachheit, wie zum Beispiel die vollkommen übertrieben wirkende Szene in einem Bibelkreis mit einem der Mädchen konterkariert, das sich währenddessen anderorts mit einer Spritzpistole Alkohol in den Mund „schießt“, entgegengesetzt. Gepaart mit dem treibenden und wummernden Sound von Dubstep-DJ Skrillex und Komponist Cliff Martinez („Drive“) entsteht ein wahrer Bilderrausch dem man sich nur schwerlich entziehen kann.

Diesen Bilderrausch bringt der Regisseur mit einer Art und Weise auf die Leinwand wie schon lange keinem mehr vor ihm. Die sehr schnellen und krassen Schnitte unterstreicht er zudem noch mit Sounds von ladenden Waffen oder einem abgefeuerten Schuss, obwohl tatsächlich noch kein Schuss sichtbar abgefeuert wurde. Korine mischt Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit, nimmt oft gar kurze Szenen vorweg, bevor man überhaupt den gesamten Zusammenhang verstanden hat. Die satirischen Einschübe nutzt der Regisseur der sich zuvor auch als Drehbuchautor für Filme wie „Ken Park“ oder „Kids“ beweisen konnte, immer wieder zu überspitzten Anspielungen auf den amerikanischen Traum (Disney muss auch dran glauben). So wird in einer großartigen Szene der Schmonzetten-Song „Everytime“ von Pop-Sternchen Britney Spears mit harter Gewalt und krassem Drogenkonsum entgegengesetzt.

Allgemein haben die vier Mädchen sofort alle Sympathien auf ihrer Seite. Vor allem Ashley Benson, die den meisten bisher nur durch einige „How I Met Your Mother“-Folgen bekannt sein dürfte, bleibt lange im Gedächtnis. Doch mit dem Auftreten des Gangsters Alien, treten die Schauspielerinnen zwei Schritte zurück und überlassen (vorerst) James Franco die große Bühne. Der nutzt die ihm gegebene Chance voll aus und liefert hier nicht weniger als seine bisherige filmische Bestleistung ab. Lange konnte man nicht mehr ein derart großartiges Method-Acting bewundern – eine Oscarnominierung wäre mehr als gerechtfertigt gewesen. Sein Alien ist ein vollkommen idiotischer Proll, der sich alleine durch sein vieles Geld, Drogen und einen Haufen Waffen an der Wand profiliert und vor allem auch definiert. Schnell entlarvt der Zuschauer die inhaltliche Leere dieses Menschen und merkt dann erst recht wie stark und selbstbewusst die Mädchen herüberkommen. Aus eigener Kraft entschließen sie sich zu diesen Gräueltaten und wenn die drei verbleibenden Mädchen, maskiert mit Pussy-Riot-Mützen zusammen mit Alien auf Raubüberfall gehen und mit Shotguns bewaffnet gar eine Hochzeit stürmen, ist jedem bewusst das hinter dem ganzen sogar eine starke feministische Botschaft steckt.

Fazit: „Look at my Shit“! Harmony Korine entzaubert mit „Spring Breakers“ die amerikanische Jugend und Kultur. Dieser Film ist ein wildes, buntes und grelles Party-Monster, welches das Publikum spalten wird.

Wertung: 10/10

Regisseur: Harmony Korine Drehbuch: Harmony Korine Schauspieler: James Franco; Vanessa Hudgens; Selena Gomez; Ashley Benson; Rachel Korine Erscheinungsjahr: 2013 Produktionsland: USA Länge: 94 Minuten

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