Es ist ein Phänomen: Im letzten Kinojahr sind das einstige Wundergespann Will und Jaden Smith mit dem Sci-Fi-Abenteuer „After Earth“ kolossal an den US-Kinokassen gescheitert. Knapp 60 Millionen Dollar Einspielergebnis deuten überaus deutlich an, dass der Zenit von Will Smith mittlerweile überschritten ist. Vor knapp sieben Jahren sah das noch anders aus: Gemeinsam mit seinem Sohn legte er mit „Das Streben nach Glück“ einen Bombenerfolg am amerikanischen Box Office hin (ganze 165 Millionen Dollar allein in den USA; weltweit insgesamt 310 Millionen Dollar). In Zusammenarbeit mit dem italienischen Regisseur Gabriele Muccino brachten sie einen Film auf die Leinwand der den „American Dream“ in all seinen fragwürdigen „Friss oder stirb“-Facetten widerspiegelt. Knapp zwei Jahre später legt das Erfolgsduo Smith-Muccino nach. Mit „Sieben Leben“ haben die beiden einen Film geschaffen, der eine gänzlich andere Richtung einschlägt, aber nicht minder fragwürdig ausfällt. Ganz im Gegenteil: Will Smith wird als nahezu gottgleiche Figur etabliert, die über Leben und Tod urteilen darf. Garniert mit klischeebehafteten Figuren, holzschnittartigen Charakteren und einer absolut konstruiert wirkenden Geschichte ist „Sieben Leben“ ein Film, der zu keinem Zeitpunkt weiß was er sein will, und mehr irritiert als tatsächlich berührt. Nur mit heftigen Tiefschlägen schafft es Muccino den Zuschauer zum Mitfühlen zu bewegen – eine cineastische Katastrophe.
Ben Thomas (Will Smith) ist ein Beamter der amerikanischen Steuerbehörde IRS. Doch im Gegensatz zu seinen Kollegen ist der aufgeschlossene Ben freundlich und zuvorkommend. Nicht selten gewährt er neue Fristen oder Aufschübe für Steuerschulden. Doch schnell wird klar, dass er kein gewöhnlicher Steuerbeamter ist, denn Ben besucht nur ganz bestimmte, von ihm ausgewählte Personen. So steht unter anderem der blinde Telefonist Ezra Turner (Woody Harrelson) auf seiner Liste, ebenso wie die herzkranke Grußkartendruckerin Emily Posa (Rosario Dawson). Was hat Ben nur mit diesen Menschen vor und warum macht er das alles?
Eine punktgenaue Inhaltsangabe über „Sieben Leben“ zu schreiben ist tatsächlich alles andere als einfach. Obwohl die Geschichte schlussendlich alles andere als komplex ist, ist es doch schwierig nicht zu viel zu verraten, denn während des ersten Filmdrittels ist die Frage nach dem „Warum“ der ständige Begleiter des Zuschauers. Teilweise driftet Regisseur Muccino hier fast in Mystery-Gefilde ab. Man will wissen was die Beweggründe für die Taten des (Anti-)Helden Ben sind. Doch diesen Strang verlässt Muccino viel zu schnell, anstatt die tragische Geschichte gefühlsam weiterzubauen und die Auflösung für ein spannendes Finale aufzusparen, wird dem Zuschauer schnell klar, wo der Hase lang läuft. Typische Genre-Klischees zwängen zudem die nun schon durchschaubare Geschichte in ein enges Korsett aus Kitsch und überaus eindimensionalen Figuren. So ist der blinde Telefonist Ezra (überzeugend: Woody Harrelson) natürlich ein herzensguter Mensch der selbst durch Beleidigungen nicht aus der Ruhe zu bringen ist. Die herzkranke Emily (einfältig: Rosario Dawson) ist natürlich ebenso nett und lieb wie alle anderen die von Ben „ausgewählt“ wurden.
Neben den langweiligen Charakteren ist aber vor allem die Figur von Will Smith das größte Problem des Films. Sein Ben Thomas ist eine Art Messias, der nach eigenem Gusto über das Leben und den Tod anderer Menschen entscheiden kann. Nur Personen die seiner Meinung nach „würdig“ sind haben das Recht weiterzuleben. Die Etablierung dieser fast schon Gottgleichen Instanz machen den Film zu einem kompletten Ärgernis, die auch nicht vom Charisma eines Will Smith getragen werden kann. Insgesamt verlässt sich der oscarnominierte Schauspieler viel zu sehr auf die dick aufgetragene Geschichte und weiß schlussendlich auch in den ruhigen Momenten nicht zu überzeugen. Ein weiteres Problem von Smiths Überpräsenz ist natürlich das für eine wirkliche Charakterentwicklung der Nebenfiguren kein Platz ist. Um ihn dreht sich das Universum dieses Films, für die Anderen bleibt da eben nicht viel übrig. So wirkt die gekünstelt konstruierte Liebesgeschichte zwischen Ben und Emily am Ende auch völlig überzogen und deplatziert und munterte nicht selten zum ungewollten Lachen auf. Am Ende übertreibt es der Regisseur dann endgültig mit seiner Holzhammer-Symbolik, so wird dann die faszinierende und absolut tödliche Würfelqualle zum Schalter für Leben und Tod.
Fazit: Prätentiös, übertrieben und an vielen Stellen absolut fragwürdig. „Sieben Leben“ ist das Musterbeispiel dafür wie ein Drama nicht aussehen sollte.
Wertung: 1,5/10
Regisseur: Gabriele Muccino Drehbuch: Grant Nieporte Schauspieler: Will Smith; Woody Harrelson; Rosario Dawson; Michael Ealy; Barry Pepper Erscheinungsjahr: 2008 Produktionsland: USA Länge: 123 Minuten