“Stormy Monday” – Kritik

Stormy Monday 1 Autor: So Seth

Newcastle Ende der 80er. Was die Stahl- und Großindustrie im Rest des Landes bereits an den Abgrund gedrängt hat, macht auch vor dem Hafenviertel der Stadt am Tyne nicht halt. Was eine ganze Arbeitergeneration in bluesige Depressionen stürzt, gereicht finanzkräftigen Spekulanten aus dem Ausland zu einem Spielplatz eldoradohaften Ausmaßes. Niemand interessiert sich mehr für gewachsene Strukturen, sobald texanische Investoren ein Loblied auf die phoenixhafte Neugestaltung ganzer Stadtteile singen.

Ein solcher Troubadour ist auch der Geschäftsmann Cosmo, gespielt von Tommy Lee Jones. Allzu gern folgt die Mehrheit der Gebeutelten den winkenden Dollarbündeln die angeblich aus Cosmos Taschen quellen. Die Mehrheit oder gar alle? Nicht ganz. Es gibt sie noch, die Widerständler. So zum Beispiel den Jazzclub-Besitzer Finney (Sting). Dessen Laden läuft trotz der Rezession recht gut. Kein Wunder, bringen doch wirtschaftliche Engpässe allzu oft die soulige Innenschicht der Menschen zum Vorschein. Von dem nahe gelegten Verkauf seines Clubs möchte Finney jedenfalls überhaupt nichts wissen. Es kommt wie es kommen muss. Getreu seinem zielstrebig bis gewissenlosen Naturell werden Cosmos Argumente schon bald schlagkräftiger. Nur mit Hilfe der neu eingestellten Putzkraft Brendan (Sean Bean), kann zunächst Schlimmeres verhindert werden. Doch durch den vereitelten Überzeugungsversuch steigen Druck und Gefahr gleichermaßen. Dass Cosmos Ex-Geliebte (Melanie Griffith) inzwischen mit Brendan anbandelt, wird dabei zur Lunte die alles explodieren lässt.

Stormy Monday 2

Mike Figgis (Oscarprämiert für „Leaving Las Vegas“) gelingt mit „Stormy Monday“ eine film noir-artige Milieustudie die gekonnt zwischen Arbeiterklasse und Großkapitalismus pendelt, während sie die Konfrontationsfläche im Licht von Finneys Club ausleuchtet. Die Musik, der Club und die Bühne sind dabei Puffer und Schlachtfeld zugleich. Es wird eine Welt gezeichnet, abgebildet, in der gerade wegen der Armut Geld nicht alles ist. Es gibt andere Werte und es gibt die Musik.

Natürlich darf dabei das Erzähltempo nicht mit den Ergüssen des amerikanischen Action- und Thriller-Kinos verglichen werden. „Stormy Monday“ plätschert, verwurzelt im Realismus – der Charakterstudie einer Stadt, eher gemächlich dahin. Figgis nimmt sich Zeit, leitet immer wieder Stille ein und baut gerade dadurch den Spannungsbogen kontinuierlich auf. Die Materie setzt dabei musikalisches Wissen im Bereich des Jazz und Blues zwar nicht voraus, wer indes mit diesen Genres so überhaupt nichts anzufangen weiß, wird den Zauber von „Stormy Monday“ schwerlich entdecken.

Sting, der zu jener Zeit die Bühne des Weltstars durch die Auflösung von „The Police“ gerade erst verlassen hatte, liefert als Co-Hauptdarsteller ein mehr als solides Stück Schauspielkunst ab. In der Nachbetrachtung, ein immenser Vorteil von Kritiken 25 Jahre später, erklimmt er dadurch eine weitere Sprosse jener Leiter die zum Plateau eines absoluten Allround-Künstlers führt. Ein sagenumwobener Ort, an dem zu dieser Zeit wohl einzig David Bowie seine Kreise zog. – Groß allein die Szene welche durch Stings Monolog: …du hättest den Schreibtisch nicht beschädigen sollen. – Das hättest du nicht tun sollen‘ begleitet wird.

Ein Wort noch zur übrigen Darstellerschaft. Tommy Lee Jones spielt das texanische Arschloch so gekonnt, dass man einen Ölfleck hinter jeder seiner Bewegungen vermuten möchte und rosa getünchte, von Disney beauftragte Casting-Agenturen danach gewiss einen weiten Bogen um ihn machten. Sean Bean ist in erster Linie erstmal eines: Jung. Wer ihn lediglich aus „Herr Der Ringe“, „Ronin“ oder gar „Games Of Thrones“ kennt, wird allein deshalb irritiert sein. Das Talent erkennt man trotzdem. Melanie Griffith spielt die Rolle der Kate mal hitzig mal unterkühlt. Hier streiten wohl ganze Horden an Kritikerstuhlkreisen ob dies gewollt ist oder nicht.

Fazit: An „Stormy Monday“ scheiden sich die Geister. Und trotzdem trennen diesen Film lediglich ein etwas pausenfreieres Erzähltempo zu Beginn und mehr Zugänglichkeit abseits von Jazz und Blues von einer abstrichlosen Spitzenwertung. Neben den Hauptakteuren ist Newcastle der Star und schließt Sting, der in der Tyne-Metropole aufwuchs, in seine nebelumschleierten Arme.

Wertung: 8/10

Regisseur: Mike Figgis Drehbuch: Mike Figgis Schauspieler: Melanie Griffith; Tommy Lee Jones; Sean Bean; James Cosmo; Scott Hoxby; Brendan P. Healy; Don Weller & Sting Erscheinungsjahr: 1988 Produktionsland: Großbritannien Länge: ca. 93 Minuten

 

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