Mit der Verfilmung zu Cormac McCarthys Roman „The Road“, der von einigen Kritikern zu den einflussreichsten Werken der amerikanischen Gegenwartsliteratur gezählt wird und unter anderem mit dem renommierten Pulitzer Preis ausgezeichnet wurde, wagte sich John Hillcoat („Lawless – Die Gesetzlosen“) im Jahr 2009 an eine denkbar schwierige literarische Vorlage. Mit seiner Umsetzung brachte der australischen Filmemacher einen durchwachsenen Flickenteppich aus mal mehr, mal weniger gelungenen dramaturgischen Versatzstücken zu Stande, in dem sich zwar durchaus einige packende und mitunter auch rührende Momente finden lassen, der in seiner Gesamtheit jedoch eher wie der laue Aufguss eines an sich vielversprechenden Erzählstoffs wirkt.
In „The Road“ wird der unerbittliche Überlebenskampf eines Vaters (Viggo Mortensen) und seines Sohns (Kodi Smitt-McPhee) geschildert, die nach einer nicht näher beschriebenen, verheerenden Katastrophe durch ein vollkommen zerstörtes, postapokalyptisches Nordamerika ziehen. Angetrieben von dem vagen Ziel sich bis zur Ostküste durchzuschlagen, sehen sich die beiden auf ihrer Reise nicht nur mit den Gefahren einer kargen, lebensfeindlichen Umwelt konfrontiert, sondern müssen sich auch vor umherziehenden Banden plündernder Wegelagerer in Acht nehmen, die ihre Opfer mit erbarmungsloser Brutalität zur Strecke bringen. Vor dem Hintergrund dieses von Tod und Verzweiflung geprägten Szenarios, inszeniert Hillcoat in schonungslosen Bildern ein subtiles Vater-Sohn-Drama dessen erzählerischer Fokus über weite Strecken fast ausschließlich auf der Beziehung seiner beiden Protagonisten liegt.
Diese eng begrenzte Perspektive rückt eine der größten Stärken des Films in den Vordergrund, denn Hauptdarsteller Viggo Mortensen verleiht der Rolle des verhärmten Familien Vaters Glaubwürdigkeit und emotionales Gewicht und trägt mit seiner schauspielerischen Leistung einen großen Teil der Geschichte. Ihm gelingt dabei die schwierige Gratwanderung einen Charakter zu verkörpern, der sich angesichts der Hoffnungslosigkeit seiner Situation selbst grausam und unmenschlich verhält, dessen Ängste und Sorgen jedoch immer greifbar bleiben. Sein Sohn, gespielt von Kodi Smit-McPhee, stellt das emotionale Gegenstück dieser Figurenkonstellation dar und betrachtet die desolate Welt in der er sich bewähren muss aus der naiven und unvoreingenommenen Perspektive eines Kindes, die der des Zuschauers ironischerweise am nächsten kommt. Während sich sein Vater mit der allgegenwärtigen Verrohung und Grausamkeit abgefunden hat und auf den Anblick ausgezehrter Leichen mit knappen, gleichgültigen Phrasen reagiert bilden die Reaktionen des Sohns das einzige Echo auf die dargestellte Gewalt.
Obwohl es sich bei „The Road“ objektiv betrachtet um eine postapokalyptische Dystopie handelt, bleibt das dargestellte Katastrophen-Szenario innerhalb der Handlung eine vage Kulisse, die lediglich als Ausgangspunkt für die Entwicklung der im Film vorkommenden Charaktere fungiert. Wir erfahren weder etwas über die genauen Ursachen oder das Ausmaß der Katastrophe noch wird darauf eingegangen, wie sich die übrige Gesellschaft – abgesehen von marodierenden Banden – mit deren Folgen arrangiert hat. Da sich Hillcoat so gut wie ausschließlich auf die minutiöse Darstellung der Beziehung zwischen Vater und Sohn beschränkt und nur sehr selten weitere Nebenfiguren in diese eng gefasste Figuren Konstellation mit einbezieht, wirkt „The Road“ eher wie ein Kammerspiel. Diese zurückgenommene und gemächlich Form der Inszenierung markiert paradoxerweise gleichzeitig eine der größten Stärken aber auch eine der gravierendsten Schwächen des Films. Es gibt vereinzelt atmosphärisch dichte Momente, in denen der Fokus auf die Figuren und das langsame Erzähltempo voll zum tragen kommen. Wenn Mortensens Charakter durch die Seiten eines zerfledderten Kinderbuchs blättert, um seinem Sohn eine Gute Nacht Geschichte vorzulesen oder gedankenversunken ein paar Töne auf den morschen Tasten eines alten Klaviers spielt sind das augenscheinlich Nebensächlichkeiten, doch gerade diese kurzen Augenblicke verleihen der ansonsten monotonen Atmosphäre Intensität und erzählerische Tiefe.
Die Kehrseite dieser vielversprechenden Ansätze bildet jedoch der Umstand, dass sich die eigentliche Handlung abseits dieser Momente träge von einer Szene zur nächsten schleppt und die seltenen Augenblicke, in denen der Zuschauer von der bedrückenden Atmosphäre des Films vereinnahmt wird, mit langatmigen Kameraeinstellungen und stoisch vor sich hin schweigenden Charakteren erstickt. Dabei stellt die ruhige Inszenierung nicht das eigentliche Problem dar, es gibt genügend Beispiele aus der jüngeren Kinogeschichte, in denen mit einer ähnlichen Herangehensweise packende Geschichten Erzählt wurden. Doch im Gegensatz zu Filmen wie „There Will Be Blood“ oder „No Country For Old Men“, die einen gerade durch ihre unzugängliche und karge Inszenierung in ihren Bann schlagen, wirkt „The Road“ wie ein Film, dessen Narrative auf der Stelle tritt und einen oftmals schlichtweg langweilt.
Fazit: „The Road“ gehört zu den Filmen, deren durchaus vorhandene Stärken auf einem brüchigen erzählerischen Fundament ruhen. Wer über diesen gravierenden Makel hinwegsehen kann, wird jedoch mit einigen atmosphärischen Momenten und dem großartigen Spiel von Hauptdarsteller Viggo Mortensen belohnt.
Wertung: 6,5/10
Regisseur: John Hillcoat Drehbuch: Joe Penhall Schauspieler: Viggo Mortensen; Kodi Smitt-McPhee; Charlize Theron; Robert Duvall; Michael K. Williams Erscheinungsjahr: 2009 Produktionsland: USA Länge: 108 Minuten
Ich liebe “The Road”… vor allem deswegen, weil es eine verdammt gute Romanverfilmung ist. Cormac McCarthy gibt auch im Buch nicht preis, warum die Welt “untergegangen” ist und konzentriert sich auch nur voll und ganz auf dieses Vater-Sohn-Gespann. Das Buch kann man so gut wie gar nicht aus der Hand legen, und den Film fand ich sehr beeindruckend und mutig inszeniert. Klar hätte man viel mehr auf Action gehen können, aber dazu gab’s damals ja auch schon “The Book of Eli”.
Mich hat das Ruhige an dem Film nicht wirklich gestört. Im Gegenteil… “The Road” war mir endlich mal glaubwürdiger Endzeit-Terror, ohne fiese atomverseuchte Mutanten.