“Der große Gatsby” – Kritik

gatsby-115115_LAutor: Patrick Kunze

F. Scott Fitzgerald ist einer der vermutlich bedeutendsten Autoren der amerikanischen Moderne. Mit Werken wie „Der seltsame Fall des Benjamin Button“ oder „Diesseits vom Paradies“ setzte sich der Exzentriker neben Literaten wie Ernest Hemingway, William Faulkner oder John Dos Passos ein ewig währendes Denkmal. Auch der exzessive Lebensstil mit seiner Frau Zelda Fitzgerald war sinnbeschreibend für die Nachkriegszeit und wird auch heute noch gerne als Beispiel für die Dekadenz der Roaring-Twenties verwendet. Neben den oben genannten Werken gehört „Der große Gatsby“ wohl zweifellos zu den bekanntesten Werken Fitzgeralds. Nun, fast 40 Jahre nach der Verfilmung mit Ausnahme-Akteur Robert Redford und unzähliger Theaterfassungen, nimmt sich der Australier Baz Luhrmann („Moulin Rouge“) des weltbekannten Stoffes an. Mit Hilfe eines erneut superb aufspielenden Leonardo DiCaprio („Blood Diamond“) erschafft der Regisseur eine Fassung des Klassikers das aufgrund eines großartigen Soundtracks (aus der Feder des Musikers Jay-Z), der typischen Farbträchtigkeit eines Luhrmann-Films und einer schlicht atemberaubenden 3D-Umsetzung enorm modern wirkt aber auch zu jedem Moment den Zeitgeist der Vorlage atmet.

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Für Nick Carraway (Tobey Maguire) ist es der erste Schritt in Richtung Erfolg und Reichtum. Er hat sich eine komplette Buchreihe über Finanzhandel und Börsenspekulation zugelegt und möchte am großen Boom der Wall Street teilhaben. In einer kleinen und spartanisch eingerichteten Hütte in West Egg fängt er an zu arbeiten – den Traum Schriftsteller zu werden hat er längst ad acta gelegt. Seine Cousine Daisy (Carey Mulligan) lebt am anderen Ende des Sees und ist vom dekadenten Leben ihres fremdgehen Ehemannes Tom (Joel Edgerton) gelangweilt. Als Nick dann auf eine Party seines unglaublich wohlhabenden Nachbars Jay Gatsby (Leonardo DiCaprio) eingeladen wird, bekommt sein Leben eine unerwartete Wendung…

Bei den amerikanischen Kritiken kam der neueste Streich von „Moulin Rouge“-Regisseur Baz Luhrmann leider alles andere als gut weg. Für sie ist der klassische Stoff einer eigentlich unerfüllten Liebe nicht modern umzusetzen. Demzufolge ist der moderne Zugang den Luhrmann ganz eindeutig wählt für viele vollkommen unpassend. Die grelle, bunte und schreiende Fassade (typisch für den Australier) verdeckt für viele die tolle Liebesgeschichte um Vertrauen, Verrat und vor allem über die ewige Liebe. Dabei trifft der Regisseur sowohl die lauten als auch die leisen Töne. „Der große Gatsby“ ist sowohl elektrisierender Party-Film als auch tieftraurige Romanze.

Dafür sind hauptsächlich die großartigen Schauspieler verantwortlich, allen voran natürlich Leonardo DiCaprio der sich hier einmal mehr um eine Oscar-Nominierung bewirbt (wird allerhöchstens mit „The Wolf of Wall Street“ von Martin Scorsese klappen). Auch wenn sein Charakter erst nach einer knappen halben Stunde die Leinwand betritt und die Geschichte aus der Sicht von Nick Carraway erzählt wird, so ist Gatsby schlussendlich Dreh und Angelpunkt der Geschichte. An seinem Geschick schlüsselt sich das Schicksal der anderen Charaktere auf. Hier verliert Luhrmann zwar ab und zu den Faden und schwelgt zu sehr in seinen Bildern, doch wirklich verdenken kann man es ihm nicht. Auch die anderen Schauspieler geben ihr Bestes. Carey Mulligan („An Education“) überzeugt als verwöhntes Dummerchen, die ihr bisheriges Leben satt hat, aber nicht weiß wie es weitergehen soll. Tobey Maguire („Spider-Man“) sieht für seine Rolle fast ein bisschen zu alt aus, überzeugt aber mit viel Charisma und Vielfältigkeit.

Als die Nachricht aufkam Baz Luhrmann möchte den klassischen Stoff von Fitzgerald unbedingt in 3D filmen und ins Kino bringen, waren die Skeptiker auf den Barrikaden. Doch es kann Entwarnung gegeben werden. Nur in „Gravity“ wurde die 3D-Technik dieses Jahr besser eingesetzt. Mehr als einmal versetzen einem die rasanten und schwungvollen Kamerafahrten ein flaues Gefühl im Magen (eine Freundin musste sogar für einige Minuten den Kinosaal verlassen weil ihr die Umsetzung gar ZU stark war). Allgemein ist der Look eine wahre Anstrengung für die Augen. Baz Luhrmann überlässt nichts dem Zufall und geht sicher, dass jede Party und wichtige Szene auch in den Gedanken der Zuschauer haften bleibt. Auch der Soundtrack bleibt einem lange im Ohr. Produziert von Rapper Jay-Z wird hier die Creme-de-la-Creme des momentanen (Mainstream)-Musikbusiness versammelt, von den Melancholie-Barden „The XX“ bis zu „Black Eyed Peas“-Frontfrau Fergie oder „Outkast“-Rapper Andre 3000 ist wirklich alles da was Rang und Namen besitzt. Überdies hinaus ist der Soundtrack nicht nur einfaches Name-Dropping sondern perfekt in den Kontext des Films eingebaut. So muss ein origineller und frischer Soundtrack aussehen!

Fazit: Ein bisschen klassischer Literatur-Stoff, gepaart mit moderner Aufmachung und dem typischen Baz-Luhrmann-Still, ergibt am Ende einfach nur tolles und unterhaltsames Kino.

Wertung: 8,5/10

Regisseur: Baz Luhrmann Drehbuch: Baz Luhrmann; Craig Pearce Schauspieler: Leonardo DiCaprio; Tobey Maguire; Carey Mulligan; Joel Edgerton; Isla Fisher Erscheinungsjahr: 2013 Produktionsland: USA Länge: 142 Minuten

One thought on ““Der große Gatsby” – Kritik

  1. (Y) 8, 5 Punkte finde ich vollkommen richtig.
    Hab den Film zwar nicht in 3D gesehen, fand ihn aber trotzdem top :)

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