“Ein Ticket für Zwei” – Kritik

EinTicketfürZweiPoster Autor: So Seth

„Ein Ticket für Zwei“ ist ein Film wie es sie heute nicht mehr zu geben scheint. Verkleidet im Gewand der 80er Jahre Komödie, entpuppt sich die Regiearbeit von John Hughes („Der Frühstücksclub“) als facettenreiches Spiegelbild menschlicher Charakteristika. Selten zuvor entstanden liebevollere 89 Minuten in Hollywood; selten zuvor war etwas zunächst so Kleines, bei näherem Hinsehen, derart groß.

Rückblick – die 80er

Für den Normalbürger gibt es noch keine Handys, Navigationsgeräte oder das Internet. Mit Social Networks haben lediglich Fischereiverbände zu tun und Computer füllen zwar keine Räume mehr, aber halbe Schreibtische aus. Bargeldloses Bezahlen beschränkt sich auf Kreditkarten oder Schecks. Und dennoch leben auch in dieser grauen Vorzeit die Menschen ihr kleines, von Ängsten und Träumen, von Sehnsüchten und Vorurteilen ausgeschmücktes Leben. Immerhin gibt es bereits Flugzeuge, Züge und Autos. Eben Planes, Trains & Automobiles (Originaltitel).

EIN TICKET FÜR ZWEI 2a

Neal Page (Steve Martin) ist der ebenso erfolgreiche, wie gestresste Angestellte einer New Yorker Werbeagentur. Thanksgiving zu Hause im Kreise seiner Lieben zu verbringen steht für ihn außer Frage. Alles beginnt damit, dass er sich für den 18:00 statt 20:00 Uhr Flug von New York nach Chicago entscheidet. Um 21:00 Uhr, so sagt ihm sein Zeitplan, wäre er bereits zu Hause. Danach ist der kontrollierte Kopfmensch den Segen der freien Entscheidung allerdings erst einmal los. Immer größere Probleme tauchen am Horizont auf und stellen sich beharrlich zwischen Neal und seine Festtagspläne. Sei es nun das verpasste Taxi, ein Schneesturm oder aber Del Griffith (John Candy). Del scheint das exakte Gegenteil von Neal zu sein. Kontaktfreudig, übergewichtig, laut und Duschvorhangring-Verkäufer. Denkbar unpassend, dass das Schicksal oder aber der große göttliche Plan vorsieht, Neal und Del fortan gemeinsam auf die Reise zu schicken. Eine Reise während der sie von einer bizarren Situation in die nächste stolpern.

Metapher – Sinnbild – Fabel

Was als Komödie beginnt, erhebt sich schließlich zum Abbild menschlicher Verhaltensweisen, entwickelt sich zu einer Odyssee der Widersprüche. Auch bei dieser Irrfahrt geht es um weit mehr als das Ankommen und das Ziel allein. Es ist vielmehr das Wachsen und Verringern, das Sehen und Augenschließen auf dem Weg dorthin. John Hughes der bei „Ein Ticket für Zwei“ nicht nur Regie führte sondern auch produzierte und das Drehbuch schrieb, wird gewiss schon früh ein genaues Bild seiner Arbeit vor Augen gehabt haben. Und dennoch verliebt man sich allzu gern in die Vorstellung, dass auch der Mann an den Fäden erst nach und nach bemerkte, wie viele Aspekte er mit diesem Film abdeckt, berührt und auf wunderbare Weise heraus arbeitet.

Steve Martin und John Candy entwickeln sich dabei mithin als Idealbesetzung, kongeniales Duo und noch viel mehr als das. Selbst im objektiven Geist verschmelzen Darsteller und Filmfiguren derart vollständig und auf allen denkbaren Ebenen miteinander, dass eine Unterscheidung zum Abstraktum wird. Neal Page ist Steve Martin, John Candy ist Del Griffith. Dies sollte sich danach für Millionen von Kinobesuchern nie wieder ändern. Neben dem Zauber um die Hauptcharaktere, sind es die vielen schräg schönen Begegnungen mit den Nebendarstellern, die diesen Film ergänzt von überraschenden Wendungen, Blickwinkeln und Kameraperspektiven besonders machen. Man denke nur an die „Owen-Szene“ (Dylan Baker) und versuche spaßeshalber die Kleidungsschichten des Aushilfchauffeurs zu zählen.

Fazit: Nicht nur in der Riege der 80er-Jahre-Komödien nimmt „Ein Ticket für Zwei“ beinahe unangefochten eine Sonderstellung ein. Dies hat allerdings nichts mit ‚New Romantic‘ oder dem wiederkehrend modernen Aufkochen eines kompletten Jahrzehnts zu tun, sondern spiegelt schlicht den Zauber, die Magie eines klitzekleinen Meisterwerks wider. Klitzeklein, da man das Genre Komödie nennt und doch das ganze Leben darin wiederfindet; klitzeklein da es wie das Leben selbst, zu kurz ist und stetig kürzer wirkt, je öfter man dieses Kleinod sieht.

Wertung: 9,5/10

Regisseur: John Hughes Drehbuch: John Hughes Musik: Ira Newborn Schauspieler: Steve Martin, John Candy, Kevin Bacon, Laila Robins, Dylan Baker, Michael McKean Erscheinungsjahr: 1987 Produktionsland: USA Länge: ca. 89 Minuten

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