“Syriana” – Kritik

SYRIANA 1 Autor: So Seth

Sobald das Leben die düstere Fiktion ein- und überholt, ist die Welt entweder nicht gar so heil wie sie scheint, oder aber das Gedankenspiel schlicht seherischen Köpfen entsprungen. Doch wie orientiert man sich wenn beides zutrifft? Einen ähnlichen „Wow… jetzt wird’s unheimlich-Moment“ werden die Herren Gaghan, Clooney, Damon und Co. nicht nur während der Dreharbeiten zu „Syriana“ gehabt haben. Denn selten zuvor gab es einen Film dem es sowohl gelingt dramaturgisch zu fesseln, den Atem zu rauben, als auch das Fenster zu einem Hof aufzustoßen, einem Hof der in diesem Fall die korrumpierte, machtgierige Welt ist. Kurz umrissen und eingerahmt, kann man das unerbittlichen Realismus nennen. Realismus der weh tut, wütend macht und verändert. Bei all der selbst bestätigenden Paranoia, die man bis vor wenigen Monaten nur allzu gern einzig den Heimatschützern unter dem Sternenbanner zuschrieb, inzwischen dank schneeballhafter Dynamik aber auch in Europa kennt, wundert man sich, dass ein solcher Film überhaupt mach- und realisierbar war.

SYRIANA 2

Wenn schon nicht das Geld, dann regiert Öl diese, unsere Welt. Wer den Finger auf den letzten sprudelnden Reserven des schwarzen Goldes wähnt, kann sich glücklich schätzen und entspannt zurück lehnen. Zumindest solange bis sich jemand anderes an eben jenem Finger zu schaffen macht. Einen in etwa solchen Auftrag erhält der CIA-Agent Bob Barnes (George Clooney). Bob ist bärtig und nicht nur deshalb seit Jahrzehnten ein Experte für den Mittleren und Nahen Osten. Die Aufgabe sich um einen arabischen Thronfolger zu kümmern, der gerade im Begriff ist das komplette Ölvorkommen seines Landes an die Chinesen zu verkaufen, klingt schon auf dem Papier nicht eben einfach. Die Ausführung dieses Auftrages führt indes zu einem Rascheln, das nicht nur Bob alles abverlangt. So entbrennt ein Spiel um globale Interessen, dem die ganze Welt, von Washington bis Beirut als Kulisse dient. Gespielt von Spielern die kaum zu sehen und doch übermächtig scheinen.

Stephen Gaghan, der für das Drehbuch zu „Traffic – Die Macht des Kartells“ bereits mit dem Oscar ausgezeichnet wurde, gelingt mit „Syriana“ ein Polit-Thriller erster Güte. Schon zu Beginn besitzen die Bilder eine verstörende Schönheit, die im Spiel mit der Stille tiefer und tiefer dringt. Im Tempo fortan variabel und unberechenbar wie das Leben selbst, skizziert Gaghan auf kompromisslose Art und Weise die Mechanismen einer entarteten Welt. Womöglich waren sich die Darsteller deshalb der Größe der Aufgabe, man möchte sagen der Wichtigkeit der Mission, stets bewusst. Denn nur mit ‚ich tue wofür man mich bezahlt‘ ließe sich die ausgesprochen gute Leistung aller Beteiligten nicht erklären. Die Qualität eines Clooney, der für die Rolle des Bob Barnes zu recht den Oscar als bester Nebendarsteller erhielt, breitet sich serumartig und ungezügelt aus. Mancher Kritiker ließ sich dadurch zu Lobpreisungen hinreißen und nannte das Spiel von Damon, Wright, Hurt und Siddig schlicht brillant. Dem kann man kaum etwas hinzufügen.

Fazit: „Syriana“ ist kein Partyfilm, kein Popkorn-Kino und nichts was man sich mal so nebenher zu Gemüte führt. Es ist ein Film der Aufmerksamkeit verlangt, sondern sie regelrecht einfordert. Stimmen diese Grundvoraussetzungen erlebt man zwei Stunden packendes Kino; Kino wie es auch heute noch sein kann, Kino das fesselt und verändert. Mit einem Satz: „Syriana“ ist (schrecklich) großartig.

Wertung: 9,5/10

Regisseur: Stephen Gaghan Drehbuch: Stephen Gaghan Schauspieler: George Clooney; Matt Damon; Jeffrey Wright; Alexander Siddig; Chris Cooper; William Hurt; Amanda Peet Erscheinungsjahr: 2005 Produktionsland: USA Länge: 122 Minuten

One thought on ““Syriana” – Kritik

  1. Ich sollte den Film wohl mal wieder gucken. Ich hab den damals im Kino gesehen und wäre da vor Langeweile fast eingeschlafen. Aber vielleicht war ich damals auch einfach noch nicht helle genug für den Film. ;)

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