The First Cut Is The Deepest…
Regiestausendsassa Martin McDonagh zaubert nach „Brügge sehen… und sterben?“ schon wieder.
So richtig gut läuft es nicht bei Drehbuchautor Marty Faranan (Colin Farrell). Und wenn jemand weiß, ein welch kalter Ort LaLa-Land L.A. sein kann, dann ist es ein erfolgloser Schreiberling. Glücklicherweise ist Marty damit nicht allein. Denn dessen Kumpel Billy Bickle (Sam Rockwell) kennt die Krux mit dem Schicksal, in seinem Fall als Aushilfsschauspieler, nur allzu gut. Terminlich dank fehlender Rollenangebote und der lockeren Hauptbeschäftigung als Hundekidnapper an der Seite von Christopher Walken recht flexibel, nimmt er sich deshalb der Schreibblockade des Freundes an. Wie das aussieht? Zum Beispiel so:
»Und wie kommst du mit den sieben Psychopathen voran, Marty?«
»Langsam, langsam. Tja also ich hab den Titel; aber ich hab‘ noch nicht alle Psychopathen zusammen.«
»Wie viele hast du?«
»Einen. Und der ist kein richtiger Psychopath, er ist mehr so’ne Art – Buddhist.«
Solch vielversprechende Gespräche sind freilich nur der Anfang. Denn da Marty ein gänzlich neues Bild des cineastischen Irren zeichnen möchte, abseits ausgetretener Pfade und stereotyper Charaktere, sollen seine sieben Psychos dem echten, wahren Leben entspringen. Eine Kleinanzeige im Stile von „Psychopathen zwecks inspirativem Werdegang gesucht“ erscheint da recht vielversprechend. So man denn keine grundlegenden Bedenken hat, sich versierte Schlächter mit zweifelhaftem Geisteszustand zum unverfänglichen Gespräch ins Haus zu holen. Aber hey, alles nur mediale Panikmache. Die sind auch nur Menschen. Oder auch nicht. Denn als Charlie Costello (Woody Harrelson), seines Zeichens Gangsterboss und Psycho No. 3 in Personalunion, plötzlich seinen knuffigen Hund vermisst, bekommt das Casting der mordlustigen Freaks eine ganz eigene Dynamik. Inklusive Tom Waits alias Zackariah Rigby alias No. 6. Und das original mit den waitschen Riesenhänden und ‘nem flauschigen Häschen in den Armen als ständigem Begleiter. Aber schließlich braucht auch ein Serienkiller killender Psychokiller (!) einen Ausgleich nach ‘nem harten Tag im Büro.
Meisterhaft und mit einer schlichtweg genial zu nennenden Dialogregie, liefert Martin McDonagh eine herrlich schwarze Komödie ab, die einen ständig zwischen Lachattacken und perplexem, leicht schockiertem Innehalten pendeln lässt. Schnitte und Kameraeinstellungen bleiben dabei zumeist lobenswert unaufgeregt. Nur dort wo es sein muss und bestens funktioniert, ziehen rasche Bilderfolgen auch das Tempo für’s Auge an. Ansonsten stehen die schräge Story und die hervorragend aufgelegten Darsteller im Vordergrund. Man spürt förmlich mit welcher Freude die messerscharfen und bitterbösen Dialoge durch die Luft fliegen.
Musikalisch gibt es in „7 Psychos“ ein Wiederhören mit bekannten Songs von Klassik bis Classic Rock und natürlich der Big Apple Combo „The Walkmen“, welche schon die ‚Drogen-Zwergen-Weltkriegs-Szene‘ in „Brügge sehen… und sterben?“ unverkennbar untermalten.
Fazit: Da die Heerschar vermeintlich witziger Krimikomödien, in den letzten Jahren auf geradezu alexandersche Ausmaße angewachsen sind und viel zu oft viel zu sehr enttäuschen, weiß man McDonaghs Film umso mehr zu schätzen. Unkonventionell und frisch erreicht er mühelos die Liga von „Bube Dame König GrAS“ oder „Snatch“. Nicht nur als Partyfilm ein purer Genuss.
Wertung: 9/10
Regisseur: Martin McDonagh Drehbuch: Martin McDonagh Schauspieler: Colin Farrell; Sam Rockwell; Woody Harrelson; Christopher Walken; Tom Waits; Abbie Cornish; Olga Kurylenko Erscheinungsjahr: 2012 Produktionsland: Großbritannien Länge: 110 Minuten
Auf jeden Fall ein witziger Film, der bei seiner Zweitsichtung allerdings deutlich an Fahrt verloren hat. Gut, dieses Schicksal erleiden viele Komödien. Aber ich hatte nach dem Kinobesuch doch das Gefühl, dass ich den Film gerne wieder und wieder auf dem Sofa genießen würde. Wie dem auch sei – Spaß macht der Film (beim ersten Mal) auf jeden Fall!
Mich persönlich hat “7 Psychos” im Gegensatz zu “In Bruges” schwer enttäuscht. Hier hat McDonagh für mich die Grenze zum beinahe schon Menschenverachtenden eindeutig überschritten. Kann die Kritik aber auch gut verstehen, der Humor ist definitiv einzigartig.