Es ist ein Phänomen: Im letzten Kinojahr sind das einstige Wundergespann Will und Jaden Smith mit dem Sci-Fi-Abenteuer „After Earth“ kolossal an den US-Kinokassen gescheitert. Knapp 60 Millionen Dollar Einspielergebnis deuten überaus deutlich an, dass der Zenit von Will Smith mittlerweile überschritten ist. Vor knapp sieben Jahren sah das noch anders aus: Gemeinsam mit seinem Sohn legte er mit „Das Streben nach Glück“ einen Bombenerfolg am amerikanischen Box Office hin (ganze 165 Millionen Dollar allein in den USA; weltweit insgesamt 310 Millionen Dollar). In Zusammenarbeit mit dem italienischen Regisseur Gabriele Muccino brachten sie einen Film auf die Leinwand der den „American Dream“ in all seinen fragwürdigen „Friss oder stirb“-Facetten widerspiegelt. Knapp zwei Jahre später legt das Erfolgsduo Smith-Muccino nach. Mit „Sieben Leben“ haben die beiden einen Film geschaffen, der eine gänzlich andere Richtung einschlägt, aber nicht minder fragwürdig ausfällt. Ganz im Gegenteil: Will Smith wird als nahezu gottgleiche Figur etabliert, die über Leben und Tod urteilen darf. Garniert mit klischeebehafteten Figuren, holzschnittartigen Charakteren und einer absolut konstruiert wirkenden Geschichte ist „Sieben Leben“ ein Film, der zu keinem Zeitpunkt weiß was er sein will, und mehr irritiert als tatsächlich berührt. Nur mit heftigen Tiefschlägen schafft es Muccino den Zuschauer zum Mitfühlen zu bewegen – eine cineastische Katastrophe. Continue reading “Sieben Leben” – Kritik
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“Philomena” – Kritik
Genauso wie Peter Mullans „Die unbarmherzigen Schwestern“, befasst sich „Philomena“ mit einem Thema über welches man sich gut und gerne aufregen kann: die Magdalenenheime der katholischen Kirche Irlands. In diesen Einrichtungen wurden bis 1996 junge Frauen gegen ihren Willen gehalten und zur Arbeit in Wäschereien gezwungen, weil sie von ihren Familien verstoßen wurden. Dabei handelte es sich meistens um sogenannte „gefallene Frauen“, die vor der Eheschließung ihre Jungfräulichkeit verloren hatten. Oberflächlich gesehen könnte man mit einem Film über dieses kontroverse Thema wohl recht einfach Leute bewegen. Schließlich muss man ja nur die schlimme Situation dieser Frauen widerspiegeln, ohne eine weitere Erzählung einzubauen. Umso erstaunlicher ist es, dass die Drehbuchautoren Steve Coogan und Jeff Pope, mit der Hilfe der Buchvorlage von Martin Sixsmith, eine gut balancierte Geschichte geschaffen haben. In „Philomena“ gibt es zwar vieles über das man sich aufregen kann, doch dies überschattet zu keinem Zeitpunkt die tatsächliche Handlung um Philomena Lee und Martin Sixsmith, deren Reise noch viel mehr zu bieten hat. Continue reading “Philomena” – Kritik
“X-Men: Erste Entscheidung” – Kritik
Vintage-Fetischisten aufgemerkt! Matthew Vaughn (“Der Sternwanderer” / “Kick Ass”) beleuchtet die Anfänge der X-MEN Saga und lässt dabei die 60er Jahre auferstehen.
Nach mehreren Jahren Pause und dem ersten Spin-Off-Ausflug des klauenbewehrten Kanadiers, ist die vielleicht beste Superhelden-Franchise wieder zurück auf der großen Leinwand und stillt so die sehnsüchtig sprudelnde Erwartungshaltung der Fans weltweit. Da das Finale der X-MEN Trilogie 2006 einen, zumindest zunächst, eindeutigen Schlusspunkt setzte, führt die Frage, wie weiter erzählen, das Mutanten-Panoptikum in die turbulente Hochphase des Kalten Krieges. – Im Grunde logisch, schließlich haben Charles Xavier und Erik Lehnsherr offenkundig viel erlebt, ehe sie hier zu Professor X und dort zu Magneto wurden. Was in den vorangegangenen Filmen lediglich angedeutet wurde, man erinnere sich an die KZ-Szene, wird nun wieder aufgegriffen, näher beleuchtet und vertieft. Continue reading “X-Men: Erste Entscheidung” – Kritik
“A History of Violence” – Kritik
“A History Of Violence” und endlich mal kein sperrig deutscher Untertitel aus der Film AG der Jahrgangsstufe 7.
Das allein lässt David Cronenbergs (“Die Fliege”) Eineinhalbstünder aus der breiernen Masse anderer Action-Vertreter herausragen. Denn dass es bei dem Plot um den friedvollen und allseits beliebten Diner-Besitzer Tom Stall (Viggo Mortensen, “Eine dunkle Begierde”), und den einäugig mysteriösen Anzugträger Carl Fogerty (Ed Harris, “Gravity”), nicht zwangsläufig um die diskussionsbefruchtete Leichtigkeit des Seins geht, kann man sich in Ermangelung einer Jugendfreigabe und in Anbetracht des Titels rasch zusammen reimen. Continue reading “A History of Violence” – Kritik
“Her” – Kritik
Junge liebt Mädchen, Mädchen liebt Junge, Junge verliert Mädchen, Junge trifft Computer
Spike Jonzes Tragikomödie „Her“ ähnelt in vielen Genre-Aspekten Alfonso Cuaróns Weltall-Thriller „Gravity“. Beide Filme werden häufig zusammen in die Sci-Fi-Kategorie gesteckt, obwohl es dort eindeutig mehr Sci (Science) als Fi (Fiction) zu sehen gibt. In anderen Worten, hier sind keine Roboter, fliegenden Autos oder andere ausgefallenen Zukunftsvisionen vorzufinden. „Her“ und „Gravity“ beschäftigen sich mit nachvollziehbarer (und teilweise schon existierender) Technologie und deren Gefahren und Wunder. Jonze und Cuarón, welche beide auch das Drehbuch zu ihren Filmen schrieben, siedelten ihre Geschichten in der nicht allzu fernen Zukunft an. In beiden Fällen kann es sich tatsächlich um nicht mehr als ein paar Jahrzehnte handeln. Beide Filme sind gerade wegen ihrer Nachvollziehbarkeit, ihrer Gegenwärtigkeit in ihrer Dramaturgie so effektiv. Auch wir könnten bald im All verschwinden, oder uns in einen Computer verlieben. Continue reading “Her” – Kritik
“The Wolf of Wall Street” – Kritik
Regisseur Martin Scorsese ist einer der ganz großen Namen in Hollywood. Seit mehr als 45 Jahren macht der mittlerweile 71-jährige Amerikaner nun Filme. Mit Meisterwerken wie „Taxi Driver“, „Wie ein wilder Stier“ oder „Die Farbe des Geldes“ zementierte er seinen unumstößlichen Ruf als vielseitiger Filmemacher, der sich nicht nur speziell auf ein Genre festlegt sondern in vielen verschiedenen Stilrichtungen sein Zelt aufgeschlagen hat. Nach Werken wie zuletzt „Hugo Cabret“ (über die Entstehung des Mediums Film), „Departed – Unter Feinden“ (klassischer Gangsterfilm) oder „Aviator“ (Biografie über den Flugzeug-Pionier und Exzentriker Howard Hughes“) geht er mit „The Wolf of Wall Street“ erneut einen anderen Weg. Was sich auf dem Papier wie ein biografischer Börsenfilm anhört, ist am Ende aber ein satirischer Faustschlag in das Gesicht des Zuschauers. Scorsese schert sich nicht groß um Konventionen und macht hier einen Film so frisch und neu wie schon lange nicht mehr und verwundert mit seiner Radikalität einmal mehr – „The Wolf of Wall Street“ ist definitiv nichts für Kinder. Hier werden pausenlos Leute um ihr hart erspartes Vermögen gebracht, Drogen am laufenden Band konsumiert und sexuelle Eskapaden gefeiert, die geradewegs aus einem Porno stammen könnten. Continue reading “The Wolf of Wall Street” – Kritik
“12 Years a Slave” – Kritik
Ähnlich wie letztes Jahr, als Quentin Tarantino die Gewalt in seinem Film „Django Unchained“ verteidigen musste, wird nun erneut über die filmische Darstellung von Sklaverei diskutiert. Dieses mal geht es jedoch nicht um exzessive Gewalt (mit Blut-Fontänen etc.), sondern um realistische. Steve McQueen gehört zu der Gruppe seltener Filmemacher die vor scheinbar nichts zurückschrecken. Mit „Hunger“ gab der Brite die schlimmen Zustände eines Gefängnisses in Nordirland wider und mit „Shame“ befasste er sich mit dem Thema Sexsucht. Es sollte also eigentlich keinen überraschen, dass der Regisseur nun mit „12 Years a Slave“ den Kern der Sklaverei-Kontroverse treffen will. Als er von Filmkritikern für seine Gewalt-Darstellung kritisiert wurde (Kritiker Armond White beschimpfte ihn öffentlich bei den New York Film Critics Circle Awards), antwortet McQueen kurz und knapp: „Entweder wir erzählen eine Geschichte über Sklaverei, oder wir tun es nicht. Ich wollte eine Geschichte über Sklaverei erzählen.“ Continue reading “12 Years a Slave” – Kritik
“Appaloosa” – Kritik
Dass sich das Genre des Western seit Jahren einer trotzigen Renaissance erfreut, eine Tatsache die wohl auf Filmen wie „Silverado“, „Der Mit dem Wolf tanzt“ und „Erbarmungslos“ beruht, mag dem gleichgültigen Kinobesucher bestenfalls egal oder schlichtweg nicht aufgefallen sein. Wohingegen es dem Kritiker dieser Filme ein unverständiges Kopfschütteln entlockt. Alle anderen, und wie so oft scheinen das ziemlich viele zu sein, klatschen sich vor Freude den Präriestaub von den Händen.
Auch dank Filmen wie „Appaloosa“?
Mit einem Wort: selbstredend!
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“Todeszug nach Yuma” – Kritik
Sobald zwei der größten Schauspieler unserer Tage, – welche Tages das auch immer sein mögen, unter der Leitung eines bereits (ab)gefeierten Erfolgsregisseurs wie James Mangold („Walk The Line“) aufeinander treffen, schrauben sich die Erwartungen von ganz alleine in höhere Sphären. Ob sich „Todeszug nach Yuma“ diesen vorschüssigen Lorbeerkranz zu recht aufs Haupt setzen darf, oder der Film um den Kriegsversehrten Dan Evans (Christian Bale) und den berüchtigten Gesetzlosen Ben Wade (Russell Crowe) lediglich eine Aneinanderreihung von Western-Klischees ist, können die folgenden Zeilen wenn schon nicht belegen, dann zumindest andeuten.
Mit einem Streichholz fängt alles an. Continue reading “Todeszug nach Yuma” – Kritik
“Der große Gatsby” – Kritik
F. Scott Fitzgerald ist einer der vermutlich bedeutendsten Autoren der amerikanischen Moderne. Mit Werken wie „Der seltsame Fall des Benjamin Button“ oder „Diesseits vom Paradies“ setzte sich der Exzentriker neben Literaten wie Ernest Hemingway, William Faulkner oder John Dos Passos ein ewig währendes Denkmal. Auch der exzessive Lebensstil mit seiner Frau Zelda Fitzgerald war sinnbeschreibend für die Nachkriegszeit und wird auch heute noch gerne als Beispiel für die Dekadenz der Roaring-Twenties verwendet. Neben den oben genannten Werken gehört „Der große Gatsby“ wohl zweifellos zu den bekanntesten Werken Fitzgeralds. Nun, fast 40 Jahre nach der Verfilmung mit Ausnahme-Akteur Robert Redford und unzähliger Theaterfassungen, nimmt sich der Australier Baz Luhrmann („Moulin Rouge“) des weltbekannten Stoffes an. Mit Hilfe eines erneut superb aufspielenden Leonardo DiCaprio („Blood Diamond“) erschafft der Regisseur eine Fassung des Klassikers das aufgrund eines großartigen Soundtracks (aus der Feder des Musikers Jay-Z), der typischen Farbträchtigkeit eines Luhrmann-Films und einer schlicht atemberaubenden 3D-Umsetzung enorm modern wirkt aber auch zu jedem Moment den Zeitgeist der Vorlage atmet. Continue reading “Der große Gatsby” – Kritik