„Sehen Sie auch genau zu?“
Mit diesen Worten betreten wir die Welt von Christopher Nolans („Memento“) Magier-Thriller „Prestige – Die Meister der Magie“ und befinden uns um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. in einer spannenden Zeit. Geradeeben, gefühlt erst gestern, haben die Menschen begonnen im Zuge von Aufklärung und Industrialisierung den Aberglauben zurück in dunkle Pfuhle zu drängen. Die Möglichkeiten von Wissenschaft und Technik scheinen grenzenlos; alles wirkt erreichbar. Umso größer ist jedoch die Anziehungskraft welche Schauspieler und Magier ausüben. Sie leben die Illusion, das Unerklärbare und begeistern damit die Massen.
Dieser Zunft gehören auch Angier (Hugh Jackman) und Borden (Christian Bale) an. Gemeinsam mit dem Erfinder trickreicher Apparaturen Cutter (Michael Caine), bilden sie ein eingespieltes Trio, eine gut geölte Maschine. Doch gut geölt bedeutet nach einer gewissen Zeit auch Stagnation und Stillstand. So zumindest sieht es Alfred Borden. Er möchte das Neue und Risikoreiche. Ist doch ein guter Magier immer auf der Suche nach dem nächsten fantastischen Zauberkunststück. Als schließlich ein Entfesselungstrick auf verhängnisvolle Weise misslingt, ist das Leben fortan nicht mehr wie zuvor und aus Freunden werden erbitterte Rivalen.
Dass Christopher Nolan den Zuschauer gerne mit vertrackten Drehbüchern und Handlungssträngen herausfordert, ist spätestens seit „Memento“ hinlänglich bekannt. Auch bei „Prestige“ ist der Plot keine simple, chronologische Reise von A nach Z. Gleich zu Beginn in ein intensives Momentum eingetaucht, lernt man erst nach und nach die wegweisende Vorgeschichte kennen. Dies jedoch auf derart packende und fesselnde Art, dass sich der Geist höchst freiwillig und fasziniert auf diese wechselreiche Fahrt begibt.
Die allzu oft stiefmütterlich behandelten Sparten Kulisse und Kostüm, begeistern hier durch erfreuliche Detailverliebtheit und vermitteln hervorragend die Handlungsdichte, die unterschiedlichen Charaktere und lassen so das Publikum zum staunenden Zeitzeugen werden. Darüber hinaus wird hierdurch die Verlockung übermotivierter Kameraeinstellungen und Perspektiven gering gehalten. Die Bilder allein entfalten machtvoll ihren Zauber.
Die Kunst und Magie der Darstellung ist in diesem Fall wortwörtlich zu nehmen. Ob nun Bale und Jackman in erster Reihe, oder Caine, Johansson und Bowie am Rand der Bühne, hier wie dort wird ein Handwerk zur Kunstform erhoben. Ausgestattet mit diesen kurzen Einblicken hinter die Kulissen könnte man allmählich das Fazit lancieren. Doch nicht zu schnell. Für einen Wimpernschlag schleichen wir uns zurück zum Handlungsstrang. Denn als die wunderschöne und einnehmende Olivia (Scarlett Johansson) als weibliche Note die Bühne betritt, bekommen die Geschehnisse eine ganz neue, elektrisierende Dynamik. Bis hin zum überraschenden Finale, dem fantastischen Prestigio.
Sehen Sie ganz genau zu…
Fazit: Regisseur und Darsteller liefern in „Prestige – Die Meister der Magie“ samt und sonders ein Meisterstück ab. Und ausnahmsweise ist dies keine Illusion, allenfalls ein faszinierender Zaubertrick. Denn selbst beim wiederkehrend genauen Hinsehen, dem Anhaben des Vorhangs und Enttarnen von Falltüren, finden sich einfach keine Schwachstellen, kein doppelter Boden. Dies ergibt in der Summe Nolans womöglich besten Film und ein (ent)fesselndes Meisterwerk.
Wertung: 9,5/10
Regisseur: Christopher Nolan Drehbuch: Jonathan Nolan & Christopher Nolan Schauspieler: Hugh Jackman; Christian Bale; Michael Caine; Scarlett Johansson; Rebecca Hall; Andy Serkis; David Bowie Erscheinungsjahr: 2006 Produktionsland: USA, Großbritannien Länge: 125 Minuten