„Guardians of the Galaxy“, „Marvel’s The Avengers 2: Age of Ultron“ und jetzt „X-Men: Zukunft ist Vergangenheit“. Marvel schmeißt 2014 förmlich mit neuen Verfilmungen oder Auskopplungen ihrer Franchises durch die Gegend. Alleine der Erfolg des ersten „Avengers“-Teils sowie „Iron Man 3“ gibt ihnen alles Recht dazu, denn zusammengenommen haben diese beiden Filme insgesamt fast die drei Milliarden Dollar Marke geknackt (DVD und BluRay-Verkäufe nicht mit eingerechnet). Deswegen fiel es den Produzenten des neuen „X-Men“-Abenteuers natürlich umso leichter ein großes Budget locker zu machen. Stattliche 250 Millionen Dollar wurden in die Entwicklung von „X-Men: Zukunft ist Vergangenheit“ gesteckt und das ist der mittlerweile schon siebten (!) Verfilmung eines „X-Men“-Comics auch an fast jeder Stelle anzumerken. Doch allzu oft schafft es Regisseur Bryan Singer („Die üblichen Verdächtigen“) nicht seinen riesigen Cast unter einen Hut zu bringen. Er spart an vielen Stellen und gibt leider unnötigeren Handlungsspielereien den Vorzug. Das tut dem Spaß für alle „X-Men“-Fans natürlich keinen Abbruch, sollte man allerdings alle vorigen Filme nicht gesehen haben, macht „Zukunft ist Vergangenheit“ nur halb so viel Spaß und ergibt an vielen Stellen auch einfach keinen Sinn.
In der Zukunft herrscht Krieg. Nachdem Raven/Mystique (Jennifer Lawrence) in den 70er Jahren den hochrangigen Wissenschaftler Dr. Bolivar Task (Peter Dinklage) tötet, wird ein Anti-Mutanten-Gesetzt verabschiedet, welches die komplette Ausrottung aller auf der Erde befindlichen Mutanten erlaubt. Als Kampfmaschinen werden riesige Roboter, Sentinels genannt, eingesetzt. Die letzte Hoffnung für die überbliebenen Mutanten ist eine Zeitreise. Logan/Wolverine (Hugh Jackman) soll mithilfe von Kitty Pryde (Ellen Page) in sein jüngeres Ich geschickt werden, um den jüngeren Charles Xavier (James McAvoy) und den eingesperrten Erik Lehnsherr (Michael Fassbender) davon zu überzeugen, dass wenn Mystique es schaffen sollte Trask zu ermorden, die Zukunft für immer verloren ist…
Nachdem die ersten Nachrichten zum Cast von „Zukunft ist Vergangenheit“ bestätigt wurden, machte sich vielerorts Angst breit. Hugh Jackman, Jennifer Lawrence, James McAvoy, Michael Fassbender, Anna Paquin, Omar Sy, Halle Berry, Ian McKellen, Patrick Stewart und Peter Dinklage (um nur ein Teil zu nennen!). So viele Schauspieler! Unmöglich, dass Bryan Singer es schafft alle diese Charaktere unter einen Hut zu bringen und tatsächlich macht es als „X-Men“-Fan unheimlich Spaß alle bekannten und (noch) unbekannten Gesichter zu sehen. Auch wenn das bedeutet, dass viele der wirklich interessanten Mutanten nicht über einen Cameo-Auftritt hinauskommen. So muss sich Halle Berry („Monster“) als Storm mit einem knapp 5-minütigen Auftritt begnügen und auch Warpath (Omar Sy) oder Blink (Bingbing Fan) kommen nicht über Kurzauftritte hinaus. Den größten Raum abseits der Hauptmutanten bekommt noch Quicksilver (Evan Peters) einberaumt, der es auch prompt schafft die beste Szene des ganzen Films abzuliefern.
Der Zukunft/Vergangenheits-Plot der in den Comicbüchern ganze Bänder für sich einnimmt, ist im Film schlussendlich nicht mehr als ein großer Vorwand die bisherigen „X-Men“-Filme und seine Schauspieler zu feiern. Das Augenmerk wird klar auf die Vergangenheit gelegt, die Zukunft als Rahmenhandlung an sich wirkt an vielen Stellen fast schon deplatziert. Doch gerade der Ausflug in die Siebziger macht wie schon in „X-Men: Erste Entscheidung“ an vielen Stellen unglaublich viel Spaß. Genau wie Matthew Vaughn, schafft es Singer viele zeitgeschichtliche Elemente in die Handlung mit einzuweben. So werden das Kennedy-Attentat, der Vietnamkrieg oder die Nixon-Affäre sinnvoll erwähnt oder finden sich oft in zahlreichen Anspielungen wieder, zum Beispiel wenn das Filmformat kurzerhand auf Super-8-Material umschält.
Problematisch wird „X-Men: Zukunft ist Vergangenheit“ immer dann wenn auf die vorherigen Filme eingegangen wird. Meistens sind das nur Kleinigkeiten, doch an vielen Stellen wird definitiv das Wissen von „Erste Entscheidung“, dem „Wolverine“-Spin-Off oder der ursprünglichen Trilogie vorrausgesetzt. Einerseits ist es für die Fans der Filme (und der Comics) natürlich umso schöner, dass keine Kompromisse gemacht werden, andererseits wird es so für Nicht-Kenner der Vorlage umso schwieriger dem voranschreitenden Plot zu folgen und spätestens mit dem Schluss-Akkord werden im Kinosaal viele Fragezeichen über den Köpfen mancher Leute schweben. Doch wenn man Singer & Co. dieses Malheur verzeihen kann, wird man mit einer guten Portion Action, viel Spannung und tollen Schauspielleistungen entlohnt. Insbesondere James McAvoy („Drecksau“) untermauert mal wieder seine Ambitionen auf dem Weg zum Oscar, auch wenn der Fokus an vielen Stellen deutlich (und unnötigerweise) auf Superstar und Oscarpreisträgerin Jennifer Lawrence („American Hustle“) gelegt wurde.
Fazit: Nur wer auch mit dem Mutanten-Universum etwas anfangen kann, wird an „X-Men: Zukunft ist Vergangenheit“ seinen Spaß haben – und über die vielen Mängel hinwegsehen können.
Wertung: 6,5/10
Regisseur: Bryan Singer Drehbuch: Simon Kinberg Schauspieler: Hugh Jackman; James McAvoy; Michael Fassbender; Jennifer Lawrence; Patrick Stewart; Ian McKellen Erscheinungsjahr: 2014 Produktionsland: USA Länge: ca. 131 Minuten