“Hereafter – Das Leben danach” – Kritik

Hereafter_Poster Autor: Patrick Kunze

Was passiert nachdem wir sterben? Diese Frage begleitet uns Menschen bereits seit Jahrhunderten und nicht nur die großen Weltreligionen meinen eine Antwort bereit zu haben. Doch egal ob Christ, Muslim, Buddhist oder Hinduist, die Angst vor dem Tod und die Unwissenheit was danach auf uns wartet ist allgegenwärtig. Grund genug für Regie-Veteran Clint Eastwood („Dirty Harry“) einen Film über das Leben danach zu machen. Nach Filmen wie „Mystic River“, „Million Dollar Baby“ und „Gran Torino“ wendet sich der Oscarpreisträger somit erneut einem lebensnahen und durchaus erschütterndem Thema hin. Der eingeschlagene Weg funktioniert erneut. „Hereafter – Das Leben danach“ ist ein markerschütterndes aber ebenso zu Tränen rührendes Drama ohne jeden Kitsch über die Frage nach dem Danach. Doch im Gegensatz zu seinen vorigen Filmen lässt Eastwood dieses mal sogar ein klein wenig Sonne am Ende des langen (Film-)Tunnels durchscheinen.

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Episode I: George Lonegan (Matt Damon) kann aufgrund einer schweren Krankheit in seiner Kindheit Verbindung mit verstorbenen Seelen aufnehmen. Doch diese Gabe belastet den einsamen Fabrikarbeiter zusehends. Episode II: Die französische Moderatorin Marie Lelay (Cécile de France) schlendert, kurz vor dem Ende ihres Urlaubs in Khao Lak, über den Markt um Mitbringsel zu finden, als sie von einer riesigen Flutwelle mitgerissen wird und ertrinkt. Helfer die sie aus dem reißerischen Strom ziehen geben sie schon auf, als sie doch noch ins Leben zurückkehrt. Episode III: Die Zwillinge Marcus und Jason (Frankie und George McLaren) leben bei ihrer Heroinabhängigen Mutter und versuchen ihr, so gut es geht, dabei zu helfen von der zerstörerischen Droge wegzukommen. Doch ein schrecklicher Unfall führt zu neuen Umständen und das Jugendamt schreitet ein. Auf einer Büchermesse in London treffen alle aufeinander…

Mit „Hereafter“ begibt sich Clint Eastwood auf ein für ihn unbekanntes Terrain. Tatsächlich hat sich der Western-Held noch nie mit einer derartigen Art von Film auseinandergesetzt. So erinnert das Drama bisweilen an Filme wie „L.A. Crash“ oder „Babel“. Doch Eastwood zieht auch hier überaus konsequent seine eigenen Schlüsse. Im Gegensatz zu den anderen beiden Filmen interessiert sich der Regisseur nicht für eine stringente und sinnvolle Verflechtung seiner Episoden. Ihm liegen einzig und allein die Menschen am Herzen die durch irgendeine Art und Weise mit dem Tod in Berührung liegen oder sich damit auseinandersetzen. So stört es auch überhaupt nicht dass vergleichsweise plump zwischen den einzelnen Episoden hin und hergeschaltet wird, denn Eastwood achtet bei seinem Werk auf große Menschlichkeit und Emotionen.

Dabei erinnert „Hereafter“ zu Anfangs deutlich an seinen Oscar-Abräumer „Mystic River“ (Preise für Sean Penn und Tim Robbins). Als Jimmy Markum (Sean Penn) an den Tatort zu seiner ermordeten Tochter eilt und voller Verzweiflung seine Wut und sein Unverständnis herausschreit ist das durchaus vergleichbar mit dem storytechnisch wichtigen und überaus bewegenden Tod eines der beiden Zwillinge. Auch hier schwenkt die Kamera in Richtung Himmel und deutet den Weg in das Jenseits an. Diese Unverkennbarkeit ist vor allem Tom Stern („Gran Torino“), dem Stamm-Kameramann von Clint Eastwood, zuzuschreiben, der mit einem ruhigen und pointierten Blick die Tragik erst wirklich zum Ausdruck bringt.

Das Gesehene ist bisweilen so brutal und unmittelbar dass man von dem Gesehenen am liebsten seine Augen verschließen möchte. Der Verlust eines geliebten Menschen ist brutal und lässt sich nicht mit Kitsch oder Klischee beschönigen. Dieser Umstand ist sich nicht nur Clint Eastwood bewusst, denn auch wenn ihm das ein ums andere Mal beinahe das Ruder aus den Händen zu laufen scheint, kriegt er immer zum richtigen (fast perfekten) Augenblick die Kurve. Das ist vor allem auch Drehbuchautor Peter Morgan („Die Queen“) zu verdanken. Er schafft es die vielschichtige und bisweilen etwas überladene Geschichte in einen vollkommen runden und erzählerisch wertvollen Rahmen zu packen und auch wenn die finale Zusammenführung dann etwas zu sehr aus der Luft gegriffen scheint, kommt sie einem viel logischer und „näher“ rüber als bei (oben genannten) Genre-Konkurrenten.

Wie oben erwähnt liegt der Augenmerk von Clint Eastwood vor allem auf den toll gezeichneten Charakteren. Matt Damon („Good Will Hunting“) führt den Cast überzeugend an, spielt sich aber zu keinem Zeitpunkt irgendwie in den Vordergrund. Auch Cécile de France („Die Möbius Affäre“) überzeugt in ihrer Rolle als Journalistin die ihre Überzeugung trotz aller Widerstände mit der Welt teilen möchte und sich eingehendst mit dem Thema Nahtoderfahrungen beschäftigt. Die größte Überraschung in „Hereafter“ ist aber der Newcomer Frankie McLaren. Erst durch sein überzeugendes Spiel wird der Zuschauer vollends ergriffen. Sein Schicksal rührt zu Tränen und ist glaubwürdig, mitreißend und zu jeder Sekunde absolut nachvollziehbar.

Fazit: Mit „Hereafter“ liefert Clint Eastwood ein zutiefst menschliches Werk voller Verständnis, Zuversicht und nicht zuletzt auch Hoffnung ab. Ein deutliches Statement: Erst die Liebe die uns in diesem Leben begegnet macht das Leben lebenswert und die quälende Unwissenheit was nach dem Tod auf uns wartet ertragbar.

Wertung: 8,5/10

Regisseur: Clint Eastwood Drehbuch: Peter Morgan Schauspieler: Matt Damon; Cécile de France; Bryce Dallas Howard; Frankie McLaren; George McLaren Erscheinungsjahr: 2010 Produktionsland: USA Länge: 129 Minuten

2 thoughts on ““Hereafter – Das Leben danach” – Kritik

  1. Das klingt echt gut. Aber etwas anderes würde ich von Clint Eastwood auch nicht erwarten. Mich hat der Film auch schon immer allein deswegen gereizt, weil Eastwood sowas wirklich noch nie gemacht hat. Werd ich mir auf jeden Fall demnächst mal anschauen müssen!

    1. Tatsächlich ist Clint Eastwood einer der ganz wenigen Regisseure die fast durchgehend immer großes abliefern. Der letzte Film von ihm der mich ein wenig “enttäuscht” hat war “Flags of our Fathers”. Mal schauen was der alte Mann noch so alles hinbekommt :)

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