“Sunshine” – Kritik

sunshine-posterAutor: So Seth

Umgeben von tiefer Dunkelheit, allein mit dem Schimmer der das Sehnen nach Wärme weckt, mag die Frage; was passiert wenn die Sonne stirbt, weit mehr als nur ein rhetorisches Pochen sein.

Willkommen im Jahr 2064
Willkommen an Bord der Icarus II

Mit der Crew begleiten wir die letzte Hoffnung der Menschheit, die sich einer Katastrophe ungeahnten Ausmaßes gegenüber sieht: Die Sonne ist beinahe erloschen. Ohne Kernfusion in ihrem Innern gibt es nur eines im Überfluss: Tödliche Kälte. Schon einmal versuchten die Menschen den lebensspendenden Stern wieder zu beleben. Doch die Icarus I samt ihrer Mannschaft und einer gigantischen Bombe, welche das innere Feuer des Himmelskörpers aufs Neue wecken sollte, ging unter ungeklärten Umständen kurz vor Erreichen des Ziels verloren. Nun also nach sieben Jahren der zweite und letzte Versuch. Denn die Welt ist kein Geldautomat und für Nummer drei würden weder Zeit noch Ressourcen reichen…

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Dies ist grob umrissen der Plot von Danny Boyles („Slumdog Millionaire“) Film „Sunshine“, der dem Zuschauer, man mag es inzwischen ahnen, ein Mindestmaß an Offenheit gegenüber nahen und fernen Zukunftsvisionen abverlangt. Griffig knackig mag man das Science-Fiction nennen – Eine mehr oder minder taugliche Verallgemeinerung, welche zumindest die Verwechslung mit dem Gros der Filme eines John Ford unmöglich macht. Schon in den ersten Momenten transportiert Boyle dank seiner Bilder und der tragisch ruhigen Stimme des Hauptcharakters Robert Capa (Cillian Murphy) jene bedrückende Grundstimmung die empathische Zuschauer den gesamten Film über nicht mehr verlassen wird. Vermengt mit einschleichenden Effekten zwischen glühend stellarer Hoffnung und der finster-kalten Realität, begibt man sich mit auf die Reise.

Und wird ohne weitere Umschweife in den Alltag der achtköpfigen Crew an Bord der IcarusII gespült. Im steten Wechselspiel aus lebensfeindlicher Kälte, sowohl rund um das Raumschiff, als auch als drohende Folge eines erneuten Scheiterns und dem eingepferchten Leben, vermittelt Boyle gemeinsam mit Chefkameramann Alwin Kuchler („Wer ist Hanna?“) rasch ein Gefühl von greifbarer Zerbrechlichkeit. Am deutlichsten wird dies während der Szenen vor dem gleißend hell erleuchteten Observationsfenster, dem sogenannten „Erdenraum“ und den privaten Botschaften welche die Crewmitglieder als Aufzeichnung nach Hause schicken – Hier wie dort erahnt man rasch den Suchtfaktor „Licht“, die Fragilität echter Empfindungen und die Angst vor der ewigen Nacht.

Vollends eingetaucht erhält das Publikum mit zunehmender Dauer tiefere Einblicke in die Konflikte innerhalb der Mannschaft. Mindestens ebenso drängend türmt sich das Mysterium um das Scheitern der ersten Mission zu immer größeren Höhen. Dramaturgisch darf man hier freilich keine Achterbahnfahrt erwarten. Das Erzähltempo ist zunächst allenfalls gemächlich, zieht nur langsam an und lebt stattdessen von der Wichtigkeit der Aufgabe und von der Isolation der acht Menschen.

Dann kommen die Träume und ein böses Erwachen.

All das wird dabei untermalt von Tönen und Klängen die an Walgesang erinnern, sowie der brillanten Musik von Filmkomponist John Murphy und der kollaborierenden Band Underworld (Karl Hyde und Rick Smith). Trotzdem oder gerade deshalb kann man die Geräuschkulisse als begrüßenswert unaufgeregt bezeichnen. Große Bilder und intime Momente wird ein musikalisches Finish statt einem schlierigem Anstrich verliehen. Auch Bildtechnisch begeistern Kameraschwenks, lange Fahrten durch die engen und von Technik überquellenden Gänge des Gefährts, sowie die hautnahen Einblicke in die Helme der bei Außenarbeiten benötigten Raumanzüge. „Gravity“ zeigt das zwar ein gutes Stück besser, aber eben auch erst sechs Jahre später.

Daran die schauspielerische Leistung näher zu beleuchten oder gar zu bewerten, scheitert man häufig bei Filmen aus der Sci-Fi-Schublade. Zu oft sind Effekte überpräsent, die Handlung zu fantastisch oder an den Haaren herbei gezogen, als dass man den Schauspieler dahinter klar erkennen und extrahieren könnte. So zählt man in eben geschilderten Fällen oft lediglich die Abwesenheit von darstellerischer Kunst. Bei „Sunshine“ fehlt indes das Fehlen. Offensichtlich mit Bedacht gecastet, agiert die Truppe ausgewogen. Ein Herausragen nach oben mag somit hauptsächlich an persönlichen Vorlieben liegen – Hier hat Cillian Murphy sicher nicht nur beim weiblichen Publikum die besten Karten.

Fazit: Regie-Tausendsassa Danny Boyle hat es wieder einmal geschafft. Nach dem ergreifenden Drama „Trainspotting“ und der düsteren Zombie-Apokalypse „28 Days Later“ tobt sich der Brite nun im Science-Fiction-Bereich aus – und das richtig gut.

Wertung: 7,5/10

Regisseur: Danny Boyle Drehbuchautor: Alex Garland Kamera: Alwin Kuchler Musik: John Murphy & Underworld Schauspieler: Cillian Murphy; Chris Evans; Rose Byrne; Michelle Yeoh; Mark Strong Laufzeit: 103 Minuten

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